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Beratungsfolge

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Sachverhalt

 

Mit der KAG-Änderung zum 01.05.2016 wurde nun auch in Bayern die Möglichkeit eröffnet, anstatt der bisherigen Einzelabrechnung im Straßenausbaurecht sogenannte wiederkehrende Beiträge (wkB) einzuführen.

 

Die Ausbaubeitragssatzung ist ein Ärgernis für alle Beteiligten: Bürger, Kommunalpolitiker und Verwaltung.

 

Deshalb ist es in der politischen Arbeit auf Landesebene und vor Ort immer wieder zu Diskussionen gekommen, weil Bürger den „Vorteil“ nicht sehen oder nicht sehen wollen, wenn eine Straße von Grund auf saniert wird.

 

In der Vergangenheit ist auch in Mering immer wieder argumentiert worden, dass die Anlieger für Busse und LKW, die die Straße geschädigt hätten, bezahlen müssten. Ebenso wurde argumentiert, dass der Straßenunterhalt vernachlässigt worden wäre. Aber selbst bei besten Unterhalt hat jede Straße, wie alle Wirtschaftsgüter, einmal ihren Endpunkt erreicht. Dies kann jeder sehen, der ein KFZ besitzt. Irgendwann lohnt die Reparatur nicht mehr. Übrigens wird beim eigenen Haus oder KFZ, wesentlich höhere Beträge und kürzere Lebenszyklen akzeptiert als bei der Straße, die mit durchschnittlich 50 Jahre eher zu den langlebigen Einrichtungen zählt.

 

Es wurden daher immer wieder Versuche unternommen, dieses „ungerechte System“ abzuschaffen, zuletzt mit Gesetzentwurf vom 02.10.2015 und der dann daraus resultierenden Gesetzesänderung zum 01.05.2016. Dabei hat der Bayerische Landtag als Gesetzgeber unmissverständlich klargestellt, dass es bei Beiträgen bleibt. Lediglich für die Verwaltungspraxis gab es eine Änderung, nicht für die Beitragspflicht.

 

Zur näheren Erläuterung dürfen wir auf die beigefügte Information der Bauverwaltung verweisen.

 

Rechtlich/fachliche Würdigung:

 

Seitens der Verwaltung können wir zu dieser neuen Abrechnungsmöglichkeit wie folgt Stellung nehmen:

 

  1. Die Gesetzesinitiative, die letztendlich zur KAG-Änderung führte, beruhte augenscheinlich im Wesentlichen auf der Annahme, daß die Erhebung von Einmalbeiträgen im Einzelfall existenzbedrohende Auswirkungen haben kann. So wurde in diesem Zusammenhang oftmals publiziert, daß Straßenausbaubeiträge „den wirtschaftlichen Ruin des Hausbesitzers zur Folge haben“ oder daß solche Beiträge „existenzgefährdende Auswirkungen haben können“. Auch war zu lesen, daß Familien ihr Eigenheim verkaufen mussten, da sie die Beiträge nicht bezahlen konnten. Dies trifft nach unserer Ansicht so aber in diesem Ausmaß nicht zu, denn die ungekürzte Einziehung von im Einzelfall objektiv ruinösen Beitragsforderungen, die zu einer Vernichtung oder durchgreifenden Gefährdung der Lebensexistenz des Beitragsschuldners führen würden, ist generell bereits durch die Rechtsprechung als unzulässig erklärt worden. Vielmehr sind für solche Fälle bereits durch die gesetzlichen Regelungen Zahlungserleichterungen möglich, die z. B. durch Stundung, Ratenzahlung oder auch die Möglichkeit der Verrentung über 10 Jahre geschaffen werden können. Solche Maßnahmen können in berechtigten Einzelfällen auch über eine befristete Niederschlagung bis zu einem ganz oder teilweisen Erlass der Beitragsforderung reichen. Auch das bisherige Beitragssystem lässt somit im Einzelfall eine Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Situation der Beitragspflichtigen zu.
  2. Als weiterer Vorzug der wkB wurde in die Öffentlichkeit publiziert, daß die Beitragsbelastung dadurch auf viele Jahre verteilt wird und damit gleichsam zu einer Entzerrung der Beitragszahlungen führt. Dieser Vorzug kann aber auch beim bisherigen Beitragssystem problemlos über die Möglichkeit der Verrentung geschaffen werden, die es zulässt, eine Beitragsforderung über einen Zeitraum von 10 Jahren zu strecken, ohne daß es hierbei zu einer nennenswerten Zinsbelastung kommen würde. Der anzuwendende Zinssatz liegt nämlich bei 2 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB, welcher aktuell bei – 0,88 % liegt. Darüber hinaus könnte auf anfallende Zinsen gemäß § 234 Abs. 2 AO ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre.
  3. Darüber hinaus ist der Verwaltung aus den zuletzt durchgeführten Abrechnungen kein Fall bekannt, der zu einer unbilligen Härte geführt hat oder bei dem der Beitragsschuldner offenkundig nicht in der Lage war, die Beitragsforderung zu begleichen.
  4. Infolge des beim wkB im Vergleich zum Einmalbeitrag im Schnitt deutlich niedrigeren Gemeindeanteils an den Ausbaukosten wird die Gesamtheit der Beitragspflichtigen bei langfristiger Betrachtung nicht entlastet, sondern sogar höher belastet. Dies läuft der erklärten politischen Zielsetzung zur Einführung der wkB zuwider.
  5. Auch das ursprüngliche Ziel der wkB, daß „alle  Bürger für alle Straßen zahlen“ und damit eine große Solidargemeinschaft bilden, lässt sich angesichts der seither hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht mehr aufrecht erhalten. Vielmehr ist es so, daß nicht das gesamte Meringer Gemeindegebiet eine einzige Abrechnungseinheit bilden darf, sondern es müssten vorbehaltlich einer näheren Untersuchung mindestens 11 -12 einzelne Abrechnungseinheiten gebildet werden. Auch hier würde es dann aus Sicht der Bürger wieder zu Ungleichbehandlungen kommen, denn es werden hier zweifellos Gebiete dabei sein, in denen im Betrachtungszeitraum gar keine Maßnahme ansteht, in anderen Gebieten werden vielleicht sogar mehrere Maßnahmen umgesetzt.
  6. Nur am Rande sei erwähnt, daß die Einführung von wkB auch zu einer Erweiterung des beitragspflichtigen Personenkreises auf Mieter führen könnte. Nach der derzeitigen Rechtsmeinung zählen die wkB nämlich (im Gegensatz zum Einmalbeitrag) zu den „laufenden öffentlichen Lasten“ eines Grundstückes und können somit gemäß § 2 Nr. 1 der Betriebskostenverordnung auf die Mieter umgelegt werden, auch wenn Beitragspflichtiger im rechtlichen Sinne natürlich der Eigentümer bleibt. Dies führt zu dem unbilligen Ergebnis, daß auch Mieter für einen Straßenausbau bezahlen, von dem sie vielleicht nur für einen kurzen Zeitraum profitieren.
  7. Im Gegensatz zur derzeitigen Erhebung von Einmalbeiträgen bleibt beim wkB die individuelle Erschließungssituation des einzelnen Grundstückes bzw. die spezifische Funktion der einzelnen Straßen im innerörtlichen Gesamtnetz nahezu unberücksichtigt, was zu einem Verlust an Beitragsgerechtigkeit führt. Wegen des zwingend einheitlichen Gemeindeanteils innerhalb einer Abrechnungseinheit zahlt ein Grundstück an einer verkehrsberuhigten Anliegerstraße relativ gesehen den selben Beitrag, wie ein Grundstück an einer verkehrsreichen Durchgangsstraße.
  8. Die Einführung der wkB wirkt sich auch auf die notwendige Personaldecke der hierfür eingesetzten Abteilung aus. Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern haben gezeigt, daß es gegenüber der (relativ seltenen) Abrechnung von Einmalbeiträgen bei der regelmäßig wiederkehrenden und dauerhaften Abrechnung über wkB zu einem erheblichen Tätigkeitsmehraufwand kommt, der über das vorhanden Personal nicht abgefangen werden kann. Voraussetzung für die Erhebung von wkB ist die dauerhafte Überwachung der Grundstückssituation in den Abrechnungsgebieten (z. B. Flächenänderungen durch Teilungen, Vermessungen), die dauerhafte Überwachung von Eigentumswechseln, die Aufstellung und Fortschreibung eines Bauprogrammes zur Kalkulation der Beitragssätze sowie die jährliche Erstellung von Bescheiden für alle Grundstückseigentümer bzw. die Abrechnung am Ende eines Kalkulationszeitraumes einhergehend mit dem zu erwartenden massiven Arbeitsaufwand für die erwartungsgemäß wesentlich höhere Zahl an Widerspruchsfällen.
  9. Schließlich gibt es – was interessanterweise in den öffentlichen Publikationen selten oder gar nicht zu lesen ist – beim derzeitigen Abrechnungssystem mit der Möglichkeit der Verrentung bereits eine Methode, die von der Streckung der Zahlungen über einen mehrjährigen Zeitraum der Zielsetzung der wkB bereits sehr nahe kommt.
  10. Abschließend sollte auch die Empfehlung des Bayerischen Gemeindetages bei einer Sachentscheidung mit berücksichtigt werden. Dieser sieht die Einführung von wiederkehrenden Beiträgen vor allem als Option für Gemeinden, die bislang noch keine Satzung nach dem alten System gehabt haben und jetzt einen Neueinstieg in diese Materie planen. Hingegen empfiehlt der Gemeindetag ausrücklich, dass Gemeinden, die in der Vergangenheit bereits das Beitragssystem der einmaligen Beiträge angewendet haben, auch in Zukunft dabei zu bleiben. Die rechtlichen, aber auch politischen Schwierigkeiten, die bei einem Systemwechsel zu erwarten sind, können die mit einer Systemumstellung einhergehenden Vorteile mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aufwiegen. Wiederkehrende Beiträge sind nach Auffassung des Gemeindetages kein Allheilmittel, schon gar nicht für Kommunen, die bisher das alte System angewandt haben. Eine Systemumstellung würde nämlich erhebliche Rechtsunsicherheiten bedeuten, vor allem im Hinblick auf Beitragspflichtige, die bereits in jüngster Vergangeheit einen Beitrag nach dem alten System zu entrichten hatten. Hier sieht das neue Recht zwar eine Übergangsregelung vor, wonach solche Altfälle für einen begrenzeten Zeitraum von der Beitragspflicht freizustellen sind – dies bedeutet jedoch zwangsläufig eine Beitragserhöhung für alle anderen Beitragspflichtigen in einem Abrechnungsgebiet, denn die zu verteilende Masse bleibt dadurch gleich, lediglich die Zahl der Beitragspflichtigen verringert sich. Gerade aufgrund dieser Problematik ist eine Systemumstellung doch mit einer recht spürbaren Rechtsunsicherheit behaftet.

 

Fazit:

Die Verwaltung kommt zu dem Ergebnis, daß die Beitragserhebung mittels Einmalbeiträgen nach dem bisherigen System als die gerechtere und einfachere Lösung angesehen werden muß. Daran ändert auch nichts, daß auch diese Methode selbstverständlich eine Vielzahl von Problemen mit sich bringt; eine Systemänderung zu den wkB würde diese Probleme aber aller Wahrscheinlichkeit nicht verringern.

Die vielfach gegen die Einmalbeiträge ins Feld geführten Argumente halten bei näherer Betrachtung einer Prüfung nicht stand und sind darüber hinaus rechtlich nicht überzeugend. Darüber hinaus würde ein Systemwechsel hin zu wkB eine massive Zunahme des Verwaltungsaufwandes bedeuten, der im Hinblick auf die geringen – wenn überhaupt vorhandenen Vorteile der wkB – in keiner Relation stehen würde.

Seitens der Verwaltung kann daher abschließend festgestellt werden, daß in der Möglichkeit zur Einführung wiederkehrender Beiträge keinerlei Vorteil – weder für die Bürger noch für die Verwaltung – gesehen wird und daher von dieser Seite die klare Empfehlung ergeht, das bisherige Abrechnungssystem beizubehalten.

 

 

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Beschlussvorschlag

Der Marktgemeinderat nimmt die Ausführungen zur Einführung von wiederkehrenden Beiträge im Straßenausbaubeitragsrecht zur Kenntnis.

Derzeit wird keine Veranlassung zur Änderung des Abrechnungssystems gesehen. Eine Änderung der Ausbaubeitragssatzung (ABS) ist daher nicht notwendig.

 

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Anlage/n

Erläuterungen zur Einführung von wiederkehrenden Beiträgen

 

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